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Geschickt durchquerte die Brünette verschiedene Seitenstraßen und Gassen, bannte sich schnell und zielsicher einen Weg zu dem Marktplatz, welcher sozusagen das Herz von Carolina darstellte. Nach wenigen Stunden Putzen wurde sie von der Ehefrau ihres Arbeitgebers nach Hause geschickt, eine wirkliche Seltenheit. Weshalb, das wusste sie nicht. Doch das war ihr auch relativ egal, als sie noch etwas Geld, mehr Geld als sonst, in die Hand gedrückt bekommen hatte. Viele in ihrem Alter hätten wahrscheinlich das Extrageld für sich selber benutzt. Neue Klamotten gekauft, Schminke oder was auch immer. Dieser Gedanke kam ihr jedoch gar nicht in den Sinn, denn sofort, nachdem sie das Anwesen verlassen hatte, machte sie sich auf zum Marktplatz, um neue Lebensmittel für die Familie einzukaufen und eventuell auch etwas von ihrer heißgeliebten Schokolade zu ergattern, welche meistens für sie viel zu teuer war. Ihr Gehirn war einfach nach den ganzen Jahren, in denen sie sich um die Familie gekümmert hatte, darauf programmiert, für Essen und Sonstiges zu sorgen. Insbesondere da sie fand, Geld beispielsweise für Klamotten (außer natürlich man brauchte dringend welche) auszugeben, die totale Verschwendung war. So lange noch alles passte und einigermaßen in Ordnung aussah, brauchte man ihrer Meinung nach nichts Neues.
Der Marktplatz war als sie ankam, wie so oft, überfüllt mit verschiedenen Ständen und Menschen, die etwas davon kauften. Kurz blickte sie sich überall etwas um, obwohl sich die Stände nie änderten und sie deswegen alles kannte, bevor sie weiter zu der Mitte des Platzes eilte. Manchmal, früher jedenfalls, trafen sich Laurie und Cassandra dort. Cassandra gehörte ebenfalls der Kaste 6 an und war in Carolina geboren. Dadurch kannten sich die beiden Mädchen schon seit der Kindheit, obwohl man nicht gerade behaupten konnte, dass sie Freunde waren. Sie waren einfach gute Bekannte, die sich ab und zu trafen. Angekommen in der Mitte, warf sie einen Blick um sich.

@Cassandra Wyatt | Tut mir leid, aber.. Es ist Abends Ich hoffe, du kannst trotzdem etwas damit anfangen.

Erschrocken fuhr sie zusammen, nachdem sie von hinten angetippt und somit aus ihren Gedanken gerissen wurde. Gerade eben hatte sie noch überlegt, was sie denn kaufen sollte, was die Familie am meisten brauchte, als sie sich zu der Person umdrehte, die sie anscheinend kannte. Vor ihr erschien niemand geringeres als Cassandra, der unterbewusste Grund, weshalb sie überhaupt in die Mitte des Marktes gegangen war. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie ihren Gegenüber musterte. Obwohl sie sich erstaunlich lange nicht mehr gesehen hatten, hatte sie sich kaum verändert. Abgesehen davon, dass sie ziemlich kaputt aus sah. Laurie war schon zu Ohren gekommen, dass die Brünette wohl im Palast arbeitete. Für sie selber war so etwas nicht. Sie verachtete die höheren Kasten, insbesondere das Königshaus und, egal wie viel Geld sie bekommen würde, würde sie dort nicht die Drecksarbeit machen. Das war ihre Einstellung dazu. Natürlich, sie selber arbeitete auch für jemanden der angeblich über ihr gestellt war, doch das, jedenfalls sagte sie das immer, war etwas anderes. Inwiefern, das wusste sie nicht.
"Hey!" antwortete sie schließlich und nickte. "Das liegt vielleicht daran, dass ein gewisser jemand angefangen hat, im Palast zu arbeiten?" Grinsend zog sie eine Augenbraue hoch. Wenn sie genauer darüber nachdachte, würde sie es vielleicht doch machen. Aber nur für einen Haufen Geld, so, dass sie sich keine Sorgen mehr machen müsste. Dies würde jedoch wahrscheinlich niemals geschehen.

@Cassandra Wyatt

Abwehrend hob sie schnell die Hände hoch. Natürlich wusste sie, dass zumindest ein Grund für Cassandras Entscheidung ihre Familie war. Als Älteste wollte und oder musste man die Eltern finanziell unterstützen, zumindest in ihrer Kaste. Da Lauries Bruder schon vor einigen Jahre abgehauen war, übernahm sie die Rolle. Es störte sie nicht. Wahrscheinlich lag das auch einfach daran, dass sie es gewöhnt war und eh nicht ändern konnte. Sie würde wohl oder übel sich immer um die Familie kümmern, egal, was geschehen würde.
"Tut mir leid. Ich weiß." murmelte sie widerstrebend und machte eine wegwerfende Handbewegung. Danach vergrub sie ihre Hände wieder in den Taschen ihrer Strickjacke, dabei klimperten die wenigen Geldstücke und die Extra Scheine, welche sie zugesteckt bekommen hatte, raschelten. Sie hatte Angst, jemand könnte sie beklauen, obwohl jeder wusste, das sie kaum Geld hatte und man sah ihr auch an, dass sie definitiv nicht zu den höheren Kasten gehörte. Trotzdem könnte es ja passieren. Kurz kniff die Brünette die Augen zusammen, als sie sich auf den Platz umblickte und sich dann wieder Cassandra widmete. "Wie geht es dir denn?" hackte sie nach. Glücklicherweise war Laurie schon an ihrer Arbeit gewöhnt und, selbst wenn sie öfters bis spät Abends arbeitete, gefiel es ihr in gewisser Weise. Sie war beschäftigt, somit konnten sich keine dummen Gedanken in ihren Kopf schleichen, und sie verdiente ihr Geld mit ehrlicher Arbeit. Mehr verlangte sie nicht, oder besser gesagt, sie sprach es nicht aus.

@Cassandra Wyatt

Laurie tat es ihrer Bekannten nach und setzte sich ebenfalls auf den Rand des Brunnens. Momentan sammelte sich in diesem altes Regenwasser und auf der Oberfläche schwammen einige Blätter, die weiß Gott wie darauf gekommen waren. Manche, daran erinnerte sie sich noch, da sie selber mal dazu gehört hatte, hatten das Wasser abgeschöpft und zum duschen oder Ähnlichem genommen. Das waren die harten Zeiten, als es öfters vorkam, das sie von der Wasserversorgung der Stadt abgeschnitten wurden, da sie nicht genug Geld hatten, um die Rechnungen zu bezahlen. Jetzt waren sie stabil.
Langsam nickte sie, als sie ihre Worte vernahm. "Das kann ich mir vorstellen. Wie geht es denn überhaupt deiner Mutter?" hackte sie nach. In ihrer Kindheit hatte sie öfters als Bote fungiert, da Cassandras und ihre Eltern zumindest früher gute Freunden waren. Brauchte jemand irgendetwas ganz dringend, hatten sie sozusagen einen Handel abgeschlossen. Deswegen wusste sie auch, dass die Mutter krank und arbeitsunfähig war. Das Einzige, was diese in der Kaste 6 behielt und der Grund, weshalb sie nicht in die 8 abrutschte, war definitiv ihre Tochter.
Schwer atmete sie aus und fuhr sich durch die braunen Haare, bevor sich ein schiefes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. "Nun ja, momentan halten wir uns ganz gut über Wasser und ich denke, der Winter wird kein Problem für meine Familie. Also geht es mir im Grunde ganz gut." erzählte sie wahrheitsgemäß. Die Sorge um die Verpflegung war immer wieder wie ein riesiger Brocken auf ihrem Herzen und wenn dieser Weg war, war sie zumindest für einen Moment frei - Bis das nächste Problem kam natürlich.

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Natürlich entging es Laurie nicht, dass sie mit der Frage nach der Mutter einen Schwachpunkt von Cassandra entblößt hatte. Obwohl diese anscheinend versuchte, die aufkommende Trauer zu überspielen, konnte sie die junge Brünette nicht täuschen. Das passierte eben, wenn man jüngere Geschwister hatte und ein paar davon in der verwirrenden Pubertät steckten. Viele Tränen waren bereits geflossen. Doch sie ging nicht darauf ein, tat so, als wäre nichts, denn sie wusste: Nichts nervte mehr, wenn jemand fragte, ob alles in Ordnung war, wenn eindeutig nichts in Ordnung war. "Hm." machte sie nur noch und dann herrschte Stille zwischen den Beiden. Sie selber wusste nicht, was sie noch großartig zu dem Gespräch beitragen sollte. Das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sie nie über das Stadium 'gute Bekannte' hinausgekommen waren. Jeder hatte seine eigenen Probleme, musste um die Existenz der Familie kämpfen und hatte keine Zeit, sich um Freunde zu kümmern. Glücklicherweise hatte sie ihre jüngeren Geschwister und ihren Beruf, wodurch sie normalerweise nicht über so etwas nachdenken konnte. Ein Lächeln umspielte lediglich ihre Lippen, als sie Cassandras nächste Worte hörte und nickte. "Und ... Wie ist der Palast so?" fragte sie trotz alledem und blickte ihre Bekannte interessiert von der Seite an. Obwohl sie den Palast beim besten Willen hasste, war sie doch etwas neugierig, wie es dort wohl war - Insbesondere als eine der Bediensteten.

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Der Themenwechsel kam anscheinend ganz gut an, denn sie selber musste sagen, dass sie nach einer gewissen Zeit einfach die Schnauze voll hatte von dem ganzen Trübsal Geblase. Sie selber gehörte zwar eher zu den Menschen, die dem Pessimismus verfallen waren, doch trotzdem gab es Momente, in denen sie einfach ihr Leben genießen wollte - Schließlich hatten sie nur dieses eine und das sollten sie doch vollkommen ausnutzen, egal wie. "Das klingt toll." sagte sie lächelnd. Bis jetzt hatte sie den Palast nur im Fernsehen gesehen. Ein einziges Mal war sie in Angeles gewesen, doch da hatte sie nicht die Zeit gefunden, sich die Residenz der Königsfamilie anzusehen.
Laurie ließ schwer die Luft aus ihren Lungen entweichen, bevor sie sich eine Strähne hinter das Ohr strich und nachdachte. "Sie entsprechen allen Klischees, die man gegenüber höheren Kasten hat. Aber das Anwesen ist wunderschön und du müsstest erst einmal den riesigen Pool sehen!" schwärmte die Brünette. Im Sommer hatte sie öfters darüber nachgedacht, sich vielleicht einfach eine Abkühlung im Pool zu gönnen. Doch dafür war ihr der Job zu wichtig, außerdem konnte sie nicht schwimmen - Ihr Bruder hatte mal früher versucht, ihr das beizubringen, jedoch hatte sie zu viel Angst vor dem Wasser, weshalb sie es nie wirklich gelernt hatte.

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Überrascht zog sie eine Augenbraue hoch, als sie Cassandras Vorschlag vernahm. Wie gesagt, es war schon eine Weile her, seit sie ihre Mutter gesehen hatte, obwohl Laurie sie eigentlich mochte. Sie war eine herzensgute Frau und die Brünette fand es äußerst ungerecht, das gerade sie krank wurde. Kurz warf sie einen Blick auf die Uhr, welche an ihrem Handgelenk befestigt war, bevor sie nickte. "Sicher, etwas Zeit hätte ich." meinte sie lächelnd und erhob sich von dem Brunnen. Eigentlich hatte sie ja geplant, etwas einkaufen zu gehen, jedoch konnte sie das auch noch später machen, schließlich war der Tag erstaunlich jung. Eine Seltenheit, denn ansonsten kam sie ja erst irgendwann Abends nach Hause. Ihre Geschwister waren wahrscheinlich noch in der Schule, schoss es ihr durch den Kopf. Wenn sie von Cassandra zurück käme, könnte sie ja noch ausnahmsweise Mittag kochen. Ansonsten aßen sie nämlich noch das vom Vortag, welches Laurie zusammen mit ihrer Mutter nach der Arbeit gekocht hatte.
"Kommst du?" fragte sie an die andere Brünette gewandt und deutete mit dem Kopf in Richtung einer Seitenstraße, welche auf direktem Wege zu dem Viertel führte, wo das Wyatt Haus stand.

@Cassandra Wyatt